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Genossenland in Investorenhand?

Mit dem Schlachtruf „Junkerland in Bauernhand“ wurden einst Alteigentümer auf dem Gebiet der ehemaligen DDR enteignet. Heute stehen viele der aus den Enteignungen hervorgegangen Großbetriebe zum Verkauf, weil eine ganze Generation von Genossen in den Ruhestand geht. Die Käufer sind nicht selten landwirtschaftsfremde Investoren.

12. März 2018

Nach dem Zusammenbruch der DDR bekamen die ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgesellschaften (LPGs) die Möglichkeit, sich in Genossenschaften nach westdeutschem Genossenschaftsrecht, Kapitalgesellschaften oder bäuerliche Familienbetriebe umzuwandeln. Die große Mehrheit der ehemaligen LPGs entschied sich für die Transformation in eine Genossenschaft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland, da diese Rechtsform den sozialen und kulturellen Verhältnissen der
ehemaligen LPGs am nächsten kam.
Aus mittellosen Arbeitern wurden Genossen, die unter der alten LPG-Führung in ihren Betrieben weiter beschäftigt wurden. Heute – etwa 28 Jahre nach dem Übergang der Betriebe auf die gern „als rote Barone“ bezeichneten, neuen Vorstände der Genossenschaften – stehen viele der Genossenschaften vor der Herausforderung, eine Nachfolgeregelung für ihre Betriebe zu finden.

Zum einen sind die Anteilsverhältnisse in vielen Fällen so verteilt, dass sich keine beherrschenden Mehrheitsverhältnisse herausgebildet haben. Zum anderen haben wirtschaftliche Krisen, bedingt durch die Überkapazitäten auf dem Milchmarkt und schlechte Getreidepreise, viele Betriebe in existentielle Schwierigkeiten gebracht. Viele Genossen sehen daher im Verkauf ihrer Anteile den einzigen Ausweg.
Eine ganze Generation von Landwirten und landwirtschaftlichen Mitarbeitern, die beim Zusammenbruch der DDR 30 bis 40 Jahre alt war und heute 60 bis 70 Jahre alt ist, geht jetzt in den Ruhestand. Ein strukturierter Altersaufbau, wie er etwa bei landwirtschaftlichen Betrieben im Westen zu finden ist, fehlt im Osten vollständig – eine Besonderheit, die der deutschen Geschichte geschuldet ist.
Als Käufer treten vermehrt Investoren oder Unternehmen aus den westlichen Bundesländern auf. Aber auch für Landwirte, die wachsen wollen, öffnet sich ein historisches Fenster in den neuen Bundesländern einen landwirtschaftlichen Großbetrieb zu erwerben. Chancen, die vergleichbar sind mit denen, die sich unmittelbar nach der Wiedervereinigung auftaten. Während die Bodenpreise in den letzten Jahren in schwindelerregende Höhen geklettert sind, führt das größere Angebot an Betrieben im Osten dazu, dass die Preise zuletzt nicht mehr stark gestiegen sind und eine landwirtschaftliche Kalkulation ermöglichen.
Allerdings gilt es bei der Transaktion einer LPG sowohl für Verkäufer als auch Käufer eine ganze Reihe von Beson-derheiten zu beachten und Irrtümer zu vermeiden: So lassen sich Rücklagen gem. §6b EStG beim Kauf von Genossenschaft- oder GmbH Anteilen nicht wirksam auflösen. Kaufgegenstand sind in der Regel Genossenschafts- oder GmbH Anteile. Das Genossenschaftsrecht bietet gerade für Familienunternehmen sehr interessante Gestaltungsmöglichkeiten, ist aber ein Rechtsgebiet, dass nur sehr wenige Juristen sicher beherrschen. Daher kann es sich empfehlen, eine Genossenschaft in eine GmbH umzuwandeln. Viele verkaufswillige Genossen gehen diesen Schritt im vorauseilenden Gehorsam, weil das spezielle Genossenschaftsrecht ein Verkaufshindernis darstellen könnte.
Beim Kauf von Genossenschaften oder GmbH-Geschäftsanteilen entfällt in der Regel der Genehmigungsvorbehalt nach §2 Grundstücksverkehrsgesetz. Gegenüber dem meist hart umkämpften Flächenmarkt im Westen kann dies einen erheblicher Vorteil für Investoren die nicht praktizierende Landwirte sind, darstellen. Wo Unternehmensanteile gekauft werden, kann zudem unter bestimmten Umständen die Grunderwerbssteuer reduziert werden. Hier empfiehlt es sich dringend von einem Steuerberater die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten prüfen zu lassen. In Bundesländern wie etwa in Brandenburg, wo die Grunderwerbsteuer stolze 6,5 % beträgt, ist dies ein nicht unerheblicher Kostenfaktor.

Großbetriebe in den neuen Bundesländern sind in der Regel oft Unternehmen mit verschiedenen Betriebszweigen (Milchvieh, Biogas, Ackerbau, Windkraft etc.). Nicht selten, vor allem wenn der Betrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen ist, fehlen verlässliche Betriebszweigauswertungen. Bis zu einem Verkauf müssen diese Informationen unbedingt von den Verkäufern und deren Beratern erarbeitet werden.
Schließlich müssen sich verkaufswillige Genossen sehr früh mit der Sicherung der Pachtflächen befassen. Während die Eigentumsflächen das „Tafelsilber“ des Betriebes sind, sichern langfristige Pachtverträge die wirtschaftliche Zukunft. Investoren die mit dem Gedanken spielen etwa eine defizitäre Milchproduktion still zu legen, müssen hingegen wissen, dass viele Verpächter wie das Land oder die Kirche die Pacht an den Erhalt einer gemischten Produktion knüpfen und sie damit Gefahr laufen, Flächen zu verlieren. Überhaupt ist das Verhältnis von Eigentum und Pachtflächen ein wichtiger Faktor für eine Investitionsentscheidung und muss in einer gesunden Relation stehen.
Neben einer oftmals nachteiligen Finanzierung der Betriebe, die nach einem Kauf in der Regel neu zu strukturieren ist, sind die Käufer einer Genossenschaft gut beraten, insbesondere bei Personalfragen nicht zu brachial vorzugehen. Nachfolgebetriebe der LPGs haben in der Regel zu hohe Mitarbeiterzahlen, weil sie sich weiterhin als soziale Veranstaltung verstehen. Erfahrungsgemäß planen die meisten Mitarbeiter nach einer Übergangszeit ohnehin, in die wohlverdiente Rente zu gehen. Käufer die hier „das Kind mit dem Bade ausschütten“ und eine schnelle Schrumpfkur beim Personal ankündigen, riskieren zum Einen, dass sie keinen Zuschlag bekommen und zum Anderen, gute Mitarbeiter zu verunsichern und ohne die wichtigsten Schlüsselkräfte dazustehen. Denn nicht nur in der Industrie, auch in der Landwirtschaft herrscht Personalmangel, insbesondere bei ausreichend qualifizierten Fachkräften.
Damit der Unternehmensverkauf im Rahmen der Generationsnachfolge Ost gelingt, ist sowohl Käufern als auch Verkäufern dringend zu empfehlen, sich von Transaktionsspezialisten im landwirtschaftlichen Bereich beraten zu lassen.

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